Westkirchens alter Fronleichnamsweg
Seit über 250 Jahren findet auch in Westkirchen regelmäßig die Fronleichnamsprozession statt. Von dem kleinen Holzkirchlein, das damals wegen Baufälligkeit abgebrochen werden mußte, und später von der neuen Kirche, die 1868 dem Dorfbrand zum Opfer fiel, ging die Prozession zunächst die Lenorenstraße, die heutige Straße nach Warendorf, entlang. An der Grenze der Allmende, dem heutigen Sielbraken, bog man rechts ab und kam auf die Besitzung des Bauern ton Syle (zum Ziele). Hier stand der zum Hofe gehörende Heuerlingskotten Dieckmann. Außer anderen Diensten hatte dieser Heuerling auch die Aufgabe, am Fronleichnamstage den Altar für die erste Station herzurichten. Zwischen zwei uralten Linden wurde der Altar aufgebaut.
Von hier aus ging die Prozession in östlicher Richtung bis an die Grenze der Allmende des Osterwaldes. Dort war an diesem Tage ein Opferstock aufgestellt, in dem die Prozessionsteilnehmer ein Scherflein entrichteten, das für das Leprosenheim bestimmt war. Vom Amtsdrosten in Stomberg war, etwa zwei Kilimeter weiter ostwärts gelegen, mitten im Walde das „Sikenhaus“ errichtet und mit Grund und Boden ausgestattet worden. Hierhin kamen aus dem Gebiet der heutigen Kreise Warendorf und Beckum die an Seuchen erkrankten Menschen. Mehrmals im Jahr wurde zu bestimmten ‚Anlässen für diese armen Menschen gesammelt. Am Fronleichnamstage war es den Insassen des Seuchenhauses gestattet, dieses zu verlassen, um aus weiter Entfernung die Prozession sehen zu können.
Als Rückweg wählte man den Feldweg Beelen-Westkirchen, der bis zur Markenteilung im Jahre 1828 der Hauptverbindungsweg zwischen den beiden Orten war. An diesem Wege stand ein Feldkreuz, „Bestens Krüß“ genannt. Beste war ein Kötter des Bauern Sutthoff und hatte für den Aufbau des zweiten Altars zu sorgen. Beste hatte einen alten Ziehbrunnen mit vorzüglichem Quellwasser: Bestens Pütt genannt. Brannte am Fronleichnamstage die Sonne heiß vom Himmel, erfrischte Bestes Nachbar die Prozessionsteilnehmer mit einem kühlen Trunk aus diesem Brunnen. Mit dem „Schleif“, einem großen hölzernen Löffel, schöpfte er aus dem Holzeimer das Wasser, das auch als „Heilwasser“ verwendet und geschätzt worden sein soll.
Die dritte Station war auf dem Grund und Boden des Bauern Große Schulenberg. Hier hatte der Kötter Domköster für den Bau des Altares zu sorgen. Am Mättenkamp (Ziegenkamp) vorbei überschriff man am Bullenkamp den Dorfbach, und man kam zu dem vierten Altar auf Grund und Boden von Schulze Sutthoff. Hier hatte der Riggenwirt, der die Heuerlingswohnung von dem Hofe Sutthoff bewohnte, den Altar aufgebaut und hergerichtet. Nach der Schlußandacht trafen sich die Bauern auf Klostermanns Tenne zu einem gemeinsamen Trunk.
Quelle: Die Glocke, 16.06.1960
Mit freundlicher Genehmigung der Glocke