Verkehrswege früher und heute
(Westkirchen ist reich an alten Landstraßen)
(Dieser Bericht wurde in der Originalsprache übernommen)
Westkirchen. Am Abhange eines Ausläufers der Beckumer Berge liegt die Gemeinde Westkirchen! Sie erstreckt sich etwa über 11.000 Morgen und umfaßt das eigentliche Dorf und die vier Bauerschaften: Dorfbauerschaft, Voßmar, Büttrup und Holtrup. Die Endsilbe „trup“ der beiden letztgenannten Bauerschaften bedeutet soviel wie das plattdeutsche Wort „Trop“ oder „Tröppken“. Also war die Bauerschaft Holtrup ursprünglich nur ein Tröppken von Höfen im „Holte“. Zwei Höfe in der Bauerschaft führen den Namen auch noch heute, nämlich Große-Holtrup und Lüttke-Holtrup. Büttrup heißt in Urkunden aus dem 12. und 13. Jahrhundert „Butlilinktorpe“. Dieser alte Name weist anscheinend auf einen Trop von Höfen hin, die buten, also außerhalb des Dorfes lagen. Die Bauerschaft Voßmar wird in alten Schriften „Voßhe“ (Fuchsheim) genannt. Diese Bezeichnung findet sich noch in dem plattdeutschen Namen „Vossem“, für den in der Bauerschaft wohnenden Bauern Voßmann. Diese Bauerschaften standen mit dem Dorfe und den Nachbargemeinden in schlechter Verbindung, denn Kunststraßen waren noch nicht bekannt. Oft waren die Wege dank der Bodenverhältnisse so schlecht, daß sie nur zeitweilig benutzt waren. Die nach Büttrup führende „Holtstrote“ war so schlecht, daß jeder, der sie benutzte, nach Uebereinkommen der Interessenten bei jeder Fahrt eine Anzahl Burschen zur Aufbesserung mitbringen mußte. Daher erhielt die Straße den Namen „Holtstroate“.
Eine andere fast so schlechte Straße war die „Buckstraote“. Sie führte etwas südlich vom Haus Diek durch den Bultbach. Diese Fuhrt ist noch an den vielen Steinen im Bach zu erkennen. An der Bucksbrügge sollen sich nach Erzählung alter Leute die zwei Geschichten „Der Mann ohne Kopf“ und „Vom roten Hahn“ abgespielt haben. Diese Straße liegt ungefähr mit der jetzigen Freckenhorster Straße, nur etwas mehr zur Haus Diek Seite hin, überein. Hinter der Bucksbrügge zweigt ein kleiner Weg zur Römerstraße ab. Bis vor einigen Jahren wurde dieser Weg von den „Wölkern“, den Leuten aus dem Wolle, als Kirchpättken benutzt. An diesem Kirchpättken wurde 1776 von den Eheleuten Bußmann eine wertvolle Marienstatue errichtet. Zum Wolle führen noch viele andere Straßen, die jetzt als Weidewege benutzt werden.
Von Westkirchen nach Oelde führte früher ein altes Postpättken. Es verlief durch Sutthoffs Wiesen weiter zum hohen Kreuz und durchs Geisterholz. Gewöhnlich wurde die Post einmal in der Woche hierher gebracht. Diesem schlechten Weg hatte Westkirchen es zu verdanken, daß es vom Verkehr fast völlig abgetrennt dalag.
So mußten denn die meisten Waren aus der nächstliegenden Stadt selbst geholt werden. Aeltere Leute wissen noch von solchen Mühlenfahrten nach Warendorf manch Interessantes zu erzählen. Es wurde dann häufig die jetzt fast ganz in Vergessenheit geratene alte Römerstraße benutzt. Sie ist die kürzeste Verbindung zwischen Warendorf und Westkirchen. Behäbig und in breitem Ausmaße liegt sie da von dichten Wallhecken und alten Kopfweiden beschattet, und manche für den Passanten oft so verhängnisvolle Pfütze in sich bergend. Ein anderes Stück von der Heerstraße, die von der Lippe her über Beckum zur Ems führt, liegt dort „auf dem Berge“ in der Bauerschaft Büttrup. Wie eine längst vergessene Zeit liegt sie da zwischen den Kämpen und führt durch „Vossems Uhlenkamp“, Heesens Kuhkamp“, durch „Uentrups Busch“, an „Fischers Gehöft“ vorbei zum Wolle. Sie ist heute fast völlig unbenutzt und dient zu Weidezwecken. Die unleidlichen Wegeverhältnisse besserten sich erst im 19.Jahrhundert. Die erste chaussierte Straße erhielt Westkirchen 1829, die Strecke Scheimann bis zum Dorf.
Erst 30 Jahre später wurde sie nach Vohren hin verlängert. Nur allmählich wurden auch die anderen Wege durch Kunststraßen ersetzt. Die Straße Westkirchen – Ostenfelde entstand 1865, Westkirchen – Hoetmar 1875 bis 1880, Westkirchen – Freckenhorst 1882, Westkirchen – Domhof 1883 und Westkirchen – Beelen 1893/94. An der Straße Westkirchen – Freckenhorst war vor dem Dorfe bei Erpenbeck eine Barriere angebracht. Jeder der von auswärts kam, mußte an dem Schlagbaum einige Groschen für die Benutzung der Straße zahlen. Die Höhe des Betrages richtete sich nach der Schwere des Fuhrwerkes und der Anzahl der Pferde. Nach Berichten alter Leute soll auch an der Römerstraße in der Nähe des Gehöftes Voßmann ein Zollhäuschen gestanden haben. Zwischendurch wurden innerhalb der Gemeinde noch Wege zu einzelnen Höfen ausgebaut, so Bröckelmanns Weg 1889, und die Bergstraße 1898. 1892 wurde die Waldstraße in Angriff genommen, aber nur bruchstücksweise fortgesetzt. Nun konnte der Postillion schneller und ohne unliebsame Aufenthalte von Ort zu Ort die Postsachen bringen. Aber nicht lange brauchte der Postillion in Westkirchen seines Amtes zu walten, denn bald wurde Westkirchen Bahnstation. Im Jahre 1899 baute die Westfälische Landeseisenbahn die Strecke Neubeckum – Warendorf aus. So lag Westkirchen vor mehreren hundert Jahren abseits vom Verkehr, aber jetzt sind genügend Verkehrsverbindungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung geschaffen.
Quelle: Unbekannter Zeitungsausschnitt, vermutlich um 1930
Mit freundlicher Genehmigung der Glocke
Bahnanschluß
1895 wurde mit der Vermessung der Westfälischen Landeseisenbahn begonnen. Im Herbst 1897 wurde mit dem Bau angefangen und 1898 konnte die Teilstrecke Neubeckum - Freckenhorst in Berieb genommen werden. Zwei Jahre später wurde die Strecke bis Warendorf erweitert und betriebsfähig.
Quelle: "Westkirchen in Zeit und Bild" - 1970 - Männerchor Westkirchen, Wolfgang Otterpohl
Mit freundlicher Genehmigung des Männerchor Westkirchen e.V.