Aus den Anfängen der Münsterlandkaserne in Westkirchen - Dorfarchiv-Westkirchen e.V.

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Die Garnision Westkirchen
Aus den Anfängen der Münsterland Kaserne in Westkirchen

Ein Bericht aus dem Jahr 1970, erschienen in "Westkirchen in Zeit und Bild" vom Männerchor Weskirchen - aus Anlaß seine 50 Jährigen bestehen.

Die Wiedergabe des Berichtes wurde vom Dorfarchiv Westkirchen e.V. aus der gegenwärtigen Erzählform auf die Vergangenheit angepasst und durch weitere Passagen ergänzt, bzw. verändert.

Dort, wo vor 1960 noch Kühe weideten, wo Bauern ihre Äcker und Felder bestellten, befand sich bis zum Jahre 2002 ein modernes Kasernengelände. Die I. Batterie des Flugabwehr-Raketen-Bataillons 21 hatte hier ihr Quartier. Einige Kilometer weiter bewachten Soldaten und Wachmänner die Raketenstellungen [Hoetmater Straße], an anderer Stelle drehte sich der große Radarschirm [Finkenberg]. Seit 1967 trug dieses Kasernengelände den Namen "Münsterland-Kaserne". Im Jahr 1969 konnte die Einheit ein Jubiläum feiern: Sie bestand seit 10 Jahren.
Aus vier Kampfbatterien - mit NIKE-Raketen ausgerüstet - setzte sich das Bataillon 21 zusammen. I. Batterie in Westkirchen, II.Batterie in Soest-Büecke, III. Batterie in Holzwickede, IV. Batterie in Datteln.

Im Februar 1958 wurden erstmals Soldaten in die USA geschickt zur Spezialausbildung an den Raketen. Diese bildeten das Kader der Einheit. Das allgemeine Funktionspersonal war in Köln zusammengezogen worden und stieß später zur Einheit. Am 8. Mai 1959 erfolge die offizielle Aufteilung der einzelnen Batterien und die Übergabe an den damaligen Major Tesch. Gerät und Personal kamen im Sommer 1959 in die Bundesrpublik zurück. Die damalige sogenannte I. Batterie bezog zunächsst in Bocholt eine Übungsstellung, wo sie zur weiteren Ausbildung des Personals bis April 1960 blieb. Dann ging es nach Erwitte zum Stützpunkt Büecke. Hier "hauste" man zunächst noch in Zelten. Es gab keine festen Wege und Straßen. Besucher konnten nur bei schönem Wetter erscheinen.

1962 wurde die Einheit in ihre Stellung nach Westkirchen verlegt. Am 21. Juni 1963 konnten die Soldaten schließlich in ihre Kaserne einziehen. Bis dahin mußte man noch zwischen Westkirchen und Erwitte pendeln.
Rund 300 Soldaten versahen um 1970 in Westkirchen ihren Dienst. Die meisten von ihnen waren wehrdienstverpflichtet, 60 v.H., die übrigen 40 v.H. waren Zeitsoldaten. Die "W-18er" hatten fast ausschließlich in einem Umkreis von 60 Kilometern ihre Heimat. Seit einigen Jahren war nämlich die Bundeswehr dazu übergegangen, dass die Wehrpflichtigen in ihrer näheren Heimat Dienst tun. Das trug natürlich nicht dazu bei, dass sie in Westkirchen heimisch wurden, zumal sie ihren Soldatenrock nur für eine begrenzte Zeit trugen. In der Regel fuhren sie in ihren freien Stunden nach Hause.
Die Westkirchener Einheit konnte man in vier Gruppen aufteilen: Funktionspersonal, wie Sanbereich, Küche, Kfz-Bereich, Personalbereich, das 15 v.H. der Gesamtstärte ausmachte; 25 v.H. gehörten zum Sicherungspersonal, 15 v.H. waren technisches, die restlichen 45 v.H. bedienungspersonal. Auch Wehrpflichtge wurden zu den einfachen Bedienungsaufgaben herangezogen.

Von den  Zeitsoldaten waren etwaq 15 v.H. in den USA als hochqualifizierte Systemtechniker ausgebildet worden. Da eine soche Ausbildung sehr kostspielig ist, ist es nur verständlich, dass ausschließlich längerdienende Soldaten dafür in Frage kamen. Sie mussten sich schon auf sechs bis acht Jahre verpflichten. Außerdem war der Unteroffiziers-Dienstgrad erforderlich. Die Spezialausbildung erfuhren die Soldaten in Fort Bliss in den USA.

Der tägliche Dienstplan der Westkirchener Batterie richtete sich nach den bestimmten Bereitschaftsstufen, die von der NATO gefordert waren. Es gab da friedensmäßig drei Bereitschaftsstufen, 15 Minuten, 3 und 12 Stunden. In dieser Zeit nach Auslösen des Alarms mussten die Raketen abgehoben haben und in der Luft sein. Die Übungen wurden turnusmäßig in einem bestimmten Zeitraum für die einzelnen Batterien des Flugabwehr-Raketen-Bataillons durchgeführt.

Aber auch der allgemeine Dienst der Einheit kam nich tzu kurz: Gefechtsausbildung, Schießen auf dem Schießplatz in Handorf, ABC-Ausbildung, staatspolitischer Unterricht. Auch auf die sportliche Ausbildung der Soldaten wurde großen Wert gelegt. Einmal im Jahr wurde auch das Scharfschießen mit Raketen geübt. Bis 1967 flog man zu diesem Zweck nach Neu-Mexiko. Seit 1968 hatte die NATO ihre eigene Schießbahn "NAMFI" auf Kreta.

Die Ergebnisse der Westkirchener Soldaten bei diesen Schießübungen konnten sich wohl sehen lassen. Ihre Prozentzahl lag immer weit über den geforderten Mindestgrenze. Das bis 1970 beste Ergebnis erreichte 1967, als man es auf 99,3 v.H. brachte. Damit wurden die Westkirchener Sieger aller teilnehmenden NATO-Partner.
Die Soldaten auf Zeit, die in bundeswehreigenen Wohnungen am Marktplatz wohnten, hatten sich mittlerweile in das Dorfgeschehen gut eingelebt. Sie sind Bürger der Gemeinde geworden, die es sich nie hätte träumen lassen, einmal Garnisionsort zu werden.
Darüber hinaus hatten auch amerikanische Familien ihr Privatquartier in Westkirchen bezogen, denn rund 30 "Amis" versahen um 1970 in Westkirchen ihren Dienst. Die Kinder dieser Familien wurden jeden Morgen mit dem Bus zur kanadischen Schule nah Soest gefahren. Die deutschen Familien haben mit den Amerikanern ein herzliches Verhältnis.

Auch der Kontakt zwischen Bevölkerung und Militär war in Westkirchen sehr gut. Ein großer Teil der Soldaten hatte sich im Vereinsleben seßhaft gemacht, sei es, dass sie im Sportverein "Grün-Weiß" spielten oder eifrige Sänger im Männerchor waren. Auch zu den Festen im Dorf wurden die Soldaten regelmäßig eingeladen. Alljährlich beim Schützenfest sah man deutsche und amerikanische Soldaten treu vereint, wenn sie am Ehrenmal Wache hielten.

Gemeinsam mit den Zivilisten hielten sie Feuerwehrübungen ab. War irgendwo Not am Mann, waren die Soldaten sogleich zur Stelle. Beim Transport der Zelte für das Meßdienerlager im Sauerland sprangen die Soldaten sofort  hilfsbereit ein. So half man auch bei einem Ölalarm und bei einigen Großbränden. Auch auf anderer Basis zeigten die Soldaten und Zivilisten gemeinsame Interessen: deutsche und amerikanische Soldaten waren Mitglieder der "Sportzschützen" Westkirchen.

Nicht selten sah man Soldaten als aufmerksame Zuhörer bei Ratssitzungen, um die Sorgen und Nöte der Gemeindevertreter kennenzulernen. Einige Zeit wurden die Soldaten auch durch Dieter Tackenberg im Westkirchener Gemeinderat vertreten. Auch der Standesbeamte kann davon Zeugnis geben, wie gut sich die Soldaten in Westkirchen akklimatisiert haben. Einigen Soldaten hat es hier so gut gefallen, dass sie sich seßhaft machten. .....

Hier endet dieser Bericht aus dem Jahre 1970.

Quelle: "Westkirchen in Zeit und Bild" vom Männerchor Weskirchen aus dem Jahre 1970
Mit freundlicher Genehmigung des Männerchor Westkirchen e.V


Weitere Daten:
1978 Major Kolter wird Komandeur der Münsterlandkaserne Westkirchen
1987 Verabschiedung der Amerikaner
1987 Ehrung von Kommandeur der Münsterlandkaserne Major Troschke von der US Army
1988 Patriot-Raketen ersetzen das Nike-Herkules-System in der Münsterlandkaserne
1988 Verabschiedung Major Troschke, neuer Major ist Herbert Strotmann
1989 Richtfest in der Münsterlandkaserne für das neue Patriot-System an der Hoetmarer Straße
1990 Auf einem Teil des Gelände im Unterkunftsbereich wird ein Übergangswohnheim eingerichtet
1992 Rund 80 Aussiedler jetzt im Übergangswohnheim auf dem Kasernengelände
1993 30-jähriges Bestehen der Münsterlandkaserne
1997 Die Münsterlandkaserne soll noch bis 2003 bestehen bleiben
1998 Die Münsterlandkaserne erhält das Unterkunftsgebäude von der Stadt zurück
2002 Die Münsterlandkaserne soll in eine Forensische Klinik umgewandelt werden.
2002 Der Verein "Pro Westkirchen" wird gegründet um auch gegen die Planung einer Forensik anzutreten
2002 Westkirchen wehrt sich gegen die Pläne der Nachnutzung in eine Forensichen Klinik.
2002 "Pro Westkirchen" überreicht um die 4000 Unterschriften gegen eine Nachnutzung als Forensik
2002 Schließung der Münsterlandkaserne und Abzug der letzten Soldaten
2003 Schlüsselübergabe der Münsterlandkaserne an das Bundesvermögensamt
2003 Bebauungsplan fürr das Kasernengelände wird den Bürgern vorgestellt
2004 Das Kasernengelände wird von den Westkirchener Bürgern gesäubert um es besser vermarkten zu können.
2004 Die ehemalige Raketenstation an der Hoetmarer Straße wird neues Zentrum für Reit- und Fahrfeunde.
2005 Neues Baugebiet "Am Bultbach" wird auf dem ehemaligen Kasernengelände erschlossen.
2015 Das Baubgebiet "Am Bultbach" soll in diesem Jahr abgeschlossen werden.




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